Bislang war strittig, ob und in welchem Umfang Handgepäck kostenlos befördert werden muss. Seit vielen Jahren gab es in der EU keine einheitliche, klare Regelung dazu, was als „angemessenes Handgepäck“ gilt und ob Airlines für dieses Gebühren verlangen dürfen. Bereits im Jahr 2014 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Fluggesellschaften „angemessenes Handgepäck“ kostenlos befördern müssen. Allerdings war der Begriff „angemessen“ nicht genau definiert, was zu unterschiedlichen Auslegungen und zu vielen Streitfällen zwischen Passagieren und Airlines führte.
In der Praxis nutzten viele Billigfluggesellschaften diese Unklarheit, um Gebühren für Handgepäck einzuführen oder die Größe des kostenlosen Handgepäcks immer weiter zu beschränken. So war etwa bei einigen Airlines nur noch eine kleine Tasche oder ein persönlicher Gegenstand kostenlos, während größere Kabinenkoffer nur gegen Aufpreis mitgenommen werden durften. Diese Praxis führte immer wieder zu Beschwerden und juristischen Auseinandersetzungen, da Passagiere und Verbraucherschützer davon ausgingen, dass zumindest ein gewisses Maß an Handgepäck Teil des Flugtickets ist.
Die neue Regelung schafft nun Klarheit: Nur ein Handgepäckstück, das sicher unter den Sitz vor dem Passagier passt, bleibt weiterhin kostenlos. Für größere Gepäckstücke – wie klassische Kabinenkoffer oder kleine Trolleys – dürfen die Airlines künftig zusätzliche Gebühren verlangen. Kleine persönliche Gegenstände wie Laptoptaschen oder Handtaschen bleiben weiterhin kostenlos, sofern sie im Fußraum verstaut werden können.
Höhe der Gebühren
Die Gebührenhöhe wird voraussichtlich zwischen 10 und 60 Euro pro Strecke liegen. Besonders teuer wird es, wenn das größere Handgepäck erst am Flughafen oder am Gate hinzugebucht wird. Die neue Regelung schließt eine Lücke, die bisher von Billigairlines kreativ genutzt wurde, um sogenanntes „angemessenes Handgepäck“ kostenpflichtig zu machen. Fluggesellschaften sind verpflichtet, die neuen Regelungen transparent zu kommunizieren. Dennoch kritisieren Verbraucherschutzorganisationen, dass die Preisgestaltung für Zusatzleistungen von Airline zu Airline stark variiert und oft schwer nachvollziehbar ist.
Fluggesellschaften bekommen Klarheit
Verbraucherschutzorganisationen wie der europäische Dachverband BEUC und der deutsche Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kritisieren die neue Regelung scharf. Sie argumentieren, dass Handgepäck ein wesentlicher Bestandteil des Flugtickets ist und eine zusätzliche Gebühr nicht mit den bisherigen Vorschriften sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vereinbar sei. Die Fluggesellschaften hingegen begrüßen die Klarheit und betonen, dass sie damit flexibler auf die Bedürfnisse der Passagiere eingehen können.
Einführung noch 2025?
Mehrere Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, Spanien und Portugal, haben gegen die neue Regelung gestimmt. Sie befürchten eine schleichende Entwertung der Verbraucherrechte. Damit die Reform in Kraft tritt, muss zunächst noch das Europäische Parlament zustimmen und mit den EU-Ländern sowie der Kommission eine gemeinsame Regelung finden. Ein genaues Datum für das Inkrafttreten steht noch nicht fest, es wird aber erwartet, dass die neuen Gebühren noch im Laufe des Jahres 2025 eingeführt werden.
Zusatzkosten für Reisende
Für viele Reisende bedeutet die neue Regelung vor allem höhere Kosten, insbesondere für solche, die regelmäßig mit leichtem Gepäck unterwegs sind oder bewusst auf Aufgabegepäck verzichten. Wer bisher bewusst auf Aufgabegepäck verzichtete, muss nun mit Zusatzkosten rechnen. Für Vielflieger, Familien oder Geschäftsreisende könnten sich die Gesamtkosten deutlich erhöhen.
Zusammengefasst bringt die Reform eine klare Definition, was künftig als kostenloses Handgepäck gilt, und gibt den Airlines Rechtssicherheit bei der Einführung von Gebühren. Gleichzeitig sorgt sie für Kritik bei Verbraucherschützern und bei einigen Mitgliedsstaaten, die eine Verschlechterung der Verbraucherrechte befürchten. Die endgültige Einführung der neuen Gebühren steht noch unter Vorbehalt der Zustimmung des Europäischen Parlaments und der weiteren Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen.